Seit fast sieben Jahren versuchen mein Mann und ich, schwanger zu werden. Was romantisch begann – „Wir lassen es einfach auf uns zukommen“ – verwandelte sich nach wenigen Monaten in einen streng getakteten Kalender aus Temperaturmessen, Ovulationstests und strategischem Sex. Liebe wurde Logistik.
Die Ärzte fanden „nichts Auffälliges“. Die Laborwerte waren „noch im Rahmen“. Ich war „noch jung genug“. Und doch passierte genau nichts.
Die größte Herausforderung ist nicht nur das Warten. Es ist das ständige Vergleichen. Die Geburtseinladungen. Die Kommentare à la: „Ihr habt doch noch Zeit“ – als wäre das eine Beruhigung. Es ist das Gefühl, als würde man in einem Wartezimmer sitzen, für ein Leben, das nicht beginnt.
„Gebt euch Zeit“, sagen sie
Die ersten Monate waren noch von Vorfreude geprägt. Ich beobachtete meinen Körper wie nie zuvor, feierte jeden winzigen Hinweis, dass „es vielleicht diesmal geklappt haben könnte“. Wenn meine Brüste spannten oder ich ein Ziehen im Unterleib hatte, fing mein Herz an zu rasen. Dann kam doch wieder die Periode. Und mit ihr ein kleines, unsichtbares Loch in meinem Inneren.
Nach einem Jahr gingen wir zur Frauenärztin. Ihre Worte werde ich nie vergessen: „Ein Jahr ohne Verhütung ist noch kein Grund zur Sorge. Warten Sie noch ein paar Monate.“ Als hätte ich nicht schon längst gewartet. Als wäre das alles ein Spiel um Geduld, bei dem ich einfach zu unruhig sei.
Und dann kamen die Tests
Bluttests. Ultraschall. Spermiogramm. Hormonstatus. Alles war „unauffällig“. Das klang irgendwie gut – aber auch unglaublich frustrierend. Denn wie kämpft man gegen ein Problem, das keinen Namen hat?
Die DiagnoseDiagnoseKrankheitsbestimmungZum Glossar-Eintrag lautete: „idiopathische Infertilität“. Ein fancy Begriff für „Wir wissen auch nicht, warum es nicht klappt.“ Großartig. Genau das wollte ich: eine medizinische Fragezeichen-DiagnoseDiagnoseKrankheitsbestimmungZum Glossar-Eintrag mit eingebautem Schulterzucken.
Wir versuchten es weiter. ZyklusMenstruationszyklusZyklus der MonatsblutungZum Glossar-Eintrag für ZyklusMenstruationszyklusZyklus der MonatsblutungZum Glossar-Eintrag. Ich lernte alles über Eizellreifung, Gelbkörperhormone, Temperaturkurven, LH-Peaks. Unser Schlafzimmer wurde zum Labor. Sex wurde ein geplanter Vorgang mit Uhrzeit und optimalem Winkel. Und irgendwann… wurde es einfach nur noch traurig.
Und die Welt dreht sich weiter – mit Babys
Ich weiß, wie sehr ich mich verändert habe. Wie ich mich bei Babyshowers von Freundinnen entschuldigt habe, weil ich es nicht schaffe, fröhlich mitzufühlen. Wie ich Insta-Storys mit Ultraschallbildern stumm geschaltet habe, obwohl ich die Menschen eigentlich liebe, die sie posten. Wie ich mich schuldig fühle für meine Traurigkeit – und gleichzeitig schäme für meine Eifersucht.
Ich wurde irgendwann wütend. Auf die Welt, auf meinen Körper, auf die blöden Sprüche von Leuten, die es „gut meinen“:
„Vielleicht macht ihr euch zu viel Stress.“
„Adoptiert doch einfach.“
„Vielleicht soll es einfach nicht sein.“
Aussichten
Und ich weiß noch nicht, wie unser Weg weitergeht. Vielleicht mit Adoption. Vielleicht mit einer dritten IVF. Vielleicht auch mit dem schmerzhaften Akzeptieren, dass es zu zweit bleibt.
Aber was ich weiß: Ich bin nicht weniger Frau, nur weil ich kein Kind habe. Und ich bin nicht weniger wert, weil mein Körper nicht funktioniert, wie ich es mir wünsche.
Ich schreibe das hier, weil ich irgendwann gemerkt habe, dass ich nicht allein bin. Dass viele Frauen – viele Paare – durch genau diese stille, unsichtbare Krise gehen. Und weil ich gelernt habe, dass Trauer über etwas, das man nie hatte, genauso real ist.
Ich weiß nicht, wie meine Geschichte enden wird. Aber ich weiß, dass sie nicht mit Hoffnungslosigkeit endet. Denn es gibt mehr Wege zur Familie, zur Erfüllung, zur Liebe – auch wenn keiner davon gerade leicht aussieht.
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